Chronik der
Bärenzunft Wehr 1956 e.V.
Es war 1955, als sich im Ortsteil Klosterhof 4 Männer
und eine Frau trafen, um eine Zunftgruppe zu
gründen. Diese Zunft sollte die bis dahin aus drei
Gruppen bestehende Wehrer Fasnacht weiter
bereichern. Schnell waren sich Margarethe und Josef
Siebold, Ernst, Walter und Heiner Felber einig eine
Bärenzunft zu gründen. Die Kostüme der Bären
bestanden aus echten Schaffellen und Köpfen aus
Pappmachee. Später ging man zu Holzmasken über,
die aber zu schwer waren und deshalb
bald wieder verschwanden. Heute
bestehen die Kostüme aus künstlichen
Fellen und mit Fell überzogene
Kunststoffköpfe. Bald nachdem die
Bären in Aktion traten, gesellten sich
einige Zigeunerinnen mit schwarzen
Perücken, weißen Blusen, bunten, weiten
Röcken und viel Schmuck dazu. Sie legten die Bären
an die Kette und brachten ihnen verschiedene
Kunststücke wie Rollschuhlaufen, Fahrrad- oder
Rollerfahren, oder das Laufen auf einer Holzkugel
bei. Leider sind diese Attraktionen heute in
Vergessenheit geraten. So kam es, dass die
Bärenzunft unter ihrem ersten Zunftmeister, Josef
Siebold, und den Fröschen als Patenzunft im Jahre
1956 als 4. Gruppe in die Narrenzunft Wehr
aufgenommen wurde. Josef Siebold leitete die
schnell wachsende Zunft zehn Jahre sehr umsichtig
von Fasnacht zu Fasnacht. Er führte auch die
Bewirtung auf dem Bärenfels ein. Eine bis
1999 jeweils am 1. Mai stattfindende
Veranstaltung, die in der Bevölkerung
immer großen Anklang fand. Seit 1999
findet diese Bewirtung am Fuße des
Bärenfelses statt.
Nach 10 Jahren Zunftleitung trat Josef
Siebold 1966 von seinem Amt zurück
und übergab die Bärenzunft in die
Hände von Günter Kramer, ein Bär aus den
ersten Tagen. Dessen erste Amtshandlung war die
Ernennung von Josef Siebold zum Ehrenzunftmeister.
Unter Günter Kramers Leitung wuchs die Zunft auf
über 100 Mitglieder. 1968 war er der Initiator für
zwei Ereignisse, deren Auswirkungen noch bis ins
Jahr 2000 zu hören und zu sehen waren. Zusammen
mit Peter Felber war er der Gründer der
zunfteigenen Guggemusik „I striich di a“, oder mit
den Worten Felbers: „Isch schtriisch di a“, die ihren
ersten Auftritt am Bärenball 1968 im Keller der
Familie Schlachter hatte. Nach überlieferten
Aussagen stammt der Name „ I strich di a“, oder kurz
Striicher aus einer Bemerkung beim Schminken der
bunten Clowngesichter. Es sagte einer: „ Kumm, gib
ma d´Farb, i strich di a“ Die Kostüme der Musiker
bestanden aus weiten, bunten Hosen, vielfarbigen
Fräcken, Glatzkopfperücken, und wie erwähnt, viel
viel Schminke. Dazu kam das
mehr oder weniger große
Können der Akteure, die
jeden Auftritt zu einem
besonderen Ereignis
machten. Bis ins Jahr 2000
begeisterten die Striicher an
vielen Veranstaltungen der
Wehrer Fasnacht die Massen.
Leider löste sich die beliebte Guggenmusik, auf
Grund der schnell abnehmenden Mitgliederzahl,
Ende 2000 auf. Auch die größte außerfasnächtliche
Veranstaltung der Bärenzunft, das früher alljährlich
stattfindende Oktoberfest, stammt aus Günter
Kramers Zeit. Nach 22 mal fand das bisher letzte
Oktoberfest 2001 in der Stadthalle Wehr statt.
Leider schon 1971 gab nach nur 5 Jahren Günter
Kramer sein Amt an Hans Peter Lüttner ab, der in
den folgenden Jahren die Bärenzunft, mittlerweile
auf 140 Mitglieder angewachsen, mit großem
Arbeitseinsatz leitete. Während seiner Zeit als
Zunftmeister begann die Bärenzunft mit dem
alljährlichen Aufstellen des Narrenbaumes, der
seitdem ohne Ausnahme ein fester Bestandteil der
Wehrer Fasnacht darstellt.
Der oft über 20 Meter lange Baum
wurde von den Klosterhöfner
Wäldern frühmorgens geschlagen, bis
auf die Krone entastet, geschmückt,
und unter Beteiligung aller Wehrer
Zünfte und den Wehrer
Guggenmusiken durch die Stadt zum
Schulplatz gefahren. Hier wurde der
Narrenbaum zum Zeichen der
Eröffnung der Fasnacht der Narrenzunft und der
Bevölkerung symbolisch übergeben. Heute steht der
Narrenbaum logischerweise auf dem Rathausplatz.
Viele Wälder sind heute noch Mitglieder der
Bärenzunft, leider die meisten nur passiv.
1978 wurde Hans Peter Lüttner Amtsmüde und gab
das Amt an Hans Peter Zimmermann ab. Die neue
Vorstandschaft setzte sich aus
bewährten alten Mitgliedern,
aber auch aus ganz jungen
zusammen, die den
Fortbestand der Zunft sichern
sollten. In seine Amtszeit fiel
1981 das 25-jährige Jubiläum
der Bärenzunft, das im Hotel
Schützen gefeiert wurde. An
dieser Jubiläumsfeier wurde Hans
Peter Lüttner zum Ehrenoberzunftmeister ernannt.
Während der langjährigen Amtszeit Zimmermanns
fanden in zweijährigem Rhythmus 5 Oktoberfeste
statt. Auch das 30-jährige Bestehen der Bärenzunft
wurde im April 1986 gebührend gefeiert. Im Rahmen
dieser Feier wurden Kurt Brüderle und Bernd
Schuhmacher zu Ehrenmitgliedern ernannt. Als Hans
Peter Zimmermann im Oktober 1988 sein Amt als 1.
Zunftmeister an Hans Jörg Leber abgab, zählte die
Bärenzunft 160 Mitglieder. In der 4-jährigen
Amtszeit Hans Jörg Lebers wurde wiederum ein
Oktoberfest gefeiert, dass 1990 die neue Wehrer
Stadthalle bis auf den letzten Platz füllte. Zuvor aber
konnten die Striicher auf ein ca. 20-jähriges Bestehen
zurückblicken, da das Gründungsjahr zwischen 1966
und 1968 lag. Mit ehemaligen und aktiven Striichern
wurde das Jubiläum im damaligen THW-Heim zünftig
gefeiert (Ist es Zufall dass das ehemaligen THW Heim
heute ein Kindergarten ist?) und manch lustige
Geschichte aus früheren Zeiten wurde erzählt, wiie z.
B. die Plattenaufnahme in Ludwigsburg, deren
Datum leider nicht bekannt ist. Es heißt immer: „ An
eme Dag noch eme Oktoberfescht in de 80ern. Nur
wenigen ist bekannt, dass diese Platte schon einmal
im Radio gespielt wurde.
Der 7.2.1989 war wohl ein Datum, das in den
Chroniken vieler Zünfte und in den Erinnerungen
vieler Wehrer einen Platz fand. An diesem Abend
wurde der Wehrahofsaal, die Heimat vieler Wehrer
Narren, feierlich verabschiedet, und auch die
Striicher traten ein letztes Mal mit einer früheren
Zunftabendnummer auf, bevor der Saal am Tag
danach der Spitzhacke zum Opfer fiel. Jedoch zur
Fasnacht 1990 feierte man schon in der
neuerstellten Stadthalle, in der auch das zuvor
erwähnte Oktoberfest unter Zunftmeister Hans Jörg
Leber stattfand. 1990 wurde auch Hans Peter
Zimmermann wegen seiner Verdienste für die
Bärenzunft zum Ehrenmitglied ernannt. Und ein Jahr
später konnte Hans Jörg Leber die Mitglieder
Brunhild Brüderle, sowie Leni und Edwin Burgert zu
Ehrenmitgliedern ernennen. Hier sollen aber auch
die anderen in der Geschichte der Bärenzunft
ernannten Ehrenmitglieder nicht vergessen werden.
Sie alle haben sich um die Bärenzunft verdient
gemacht: Die Gründungsmitglieder Margarethe und
Josef Siebold, Ernst, Walter und Heiner Felber und
die Mitglieder Gertrud Felber, Christa und Hermann
Loos, Peter Oertli, Anni und Hermann Schlachter,
Josef Sukenik, und Hans Jörg Zeller.
Als Hans Jörg Leber sein Amt 1992 an Adalbert
Leuter abgab, zählte die Bärenzunft über 160
Mitglieder. In Adalberts Amtszeit fanden viele junge
Wehrer den Weg in die Bärenzunft. Er vollendete den
Umtausch der alten Bärenfelle gegen neue, den sein
Vorgänger begonnen hatte. Auch neue Sweatshirts
und T-Shirts wurden für die Bärenzunft angeschafft
und es wurde „eine tierisch starke Truppe“. Unter
seiner Führung wurde 1993 das 19. Oktoberfest
gefeiert, dass die Stadthalle fast zum überlaufen
brachte. An der Generalversammlung 1994 konnte
Ehrfried Braun eine seltene Ehrung
entgegennehmen. Er wurde für über 25 Jahre aktive
Teilnahme in der Bärenzunft zum Ehrenmitglied
ernannt. Aber auch ein negatives Ereignis gab es zu
berichten. So schwand die Zahl der Zigeunerinnen
von Jahr zu Jahr, bis schließlich 1994 keine mehr am
Umzug zu finden war. Man überlegte, beriet sich
und kam zu dem Schluss, dass es an den Masken
und Kostümen lag. So fanden sich 1995 wieder 10
Zigeunerinnen, die ohne Masken, aber geschminkt,
in neugeschneiderten Kostümen wieder am Wehrer
Umzug teilnahmen. Sie zogen den alten Leiterwagen
mit sich, auf dem sie ihren Zigeunersaft zubereiteten
und verkauften. In den letzten Jahren kam ein
weiteres Utensil dazu, nämlich der Kinderwagen,
denn die Bärenzunft verzeichnet seit 2001 ein
ansteigen der sehr jungen Mitglieder.
Im Jubiläumsjahr 1996 kamen große Ereignisse auf
die Bärenzunft zu. Den Anfang machte der
Bärentanz am Zunftabend, der zu einem großen
Erfolg wurde. Danach folgte der Auftritt der passiven
und ehemaligen Mitglieder, die in einer großen
Gruppe samt Planwagen, am Umzug in Wehr die
Aktiven und den Jubiläumswagen begleiteten. So
kam es das sage und schreibe 101 Bären, Zigeuner
und Striicher am Fasnacht Sonntag den Wehrer
Umzug in einem farbenprächtigen Bild anführten. Es
dauerte nicht lange, bis im Juni das Jubiläumsfest der
Bärenzunft stattfand. Über 3 Tage wurde im großen
Festzelt gefeiert. Rund um die Festtage arbeiteten
alle Aktiven, viele Passive und sogar Nichtmitglieder
Hand in Hand für die Bärenzunft. Ende der 90er
Jahre und Anfang des neuen Jahrtausends
organisierte die Bärenzunft weitere Oktoberfeste
und jährlich die 1. Mai Bewirtung. An der
Generalversammlung 2000 konnte Paul Bäumle zu
seinem 40-jährigen Jubiläum die Ernennung zum
Ehrenmitglied feiern. Auch Adalbert Leuter wurde in
diesem Jahr geehrt. Er wurde an der
Generalversammlung der Narrenzunft Wehr, nach 8
Jahren Zunftmeister der Bärenzunft, von Hans Peter
Schlageter zum Oberzunftmeister ernannt. Bis im
Jahr 2006 stand Adalbert Leuter an der Spitze der
Bärenzunft. Er führte die Zunft mit seiner
Vorstandschaft weiter Richtung 50-jähriges Jubiläum,
wo die Bärenzunft einen Nachtumzug organisierte,
der bisher seinesgleichen gesucht hat. Kurz darauf
wurden die Striicher dann wieder ein fester
Bestandteil der Wehrer Fasnacht. Nach einigen
Jahren sind diese leider aber wieder verschwunden
was sehr schade ist.
Im Jahr 2006 übergab Adalbert Leuter dann sein Amt
an seinen Nachfolger Oliver Brüderle. Dieser war
davor schon bereits seit 12 Jahren Mitglied im
Vorstand. Unter dessen Leitung ging nun die
Erfolgsgeschichte der Zunft weiter. Die Bärenzunft
zählte nun wieder über 50 aktive Mitglieder und
erfuhr großen Zulauf.An der Generalversammlung
im Jahr 2007 wurde dann die Arbeit von Adalbert
Leuter gewürdigt und er wurde durch den
Zunftmeister Oliver Brüderle zum Ehrenmitglied
ernannt.Im Jahre 2009 wurde dann Ralf Braun für 35
Jahre aktive Mitgliedschaft und seinen
unermüdlichen Einsatz für die Bärenzunft zum
Ehrenmitglied der Zunft ernannt. Vier Jahre später
wurde auch Franziska Burgert zum Ehrenmitglied der
Bärenzunft ernannt. Die Bärenzunft hat seither einen
der gefülltesten Narrenfahrpläne aller Zünfte und es
gibt fast jedes Jahr ein zweitägiges Narrentreffen.
Auch Ausflüge werden groß geschrieben und so gab
es Ausflüge an Weinfeste in die Region oder zum
Oktoberfest nach Konstanz.2012 wurde Oliver
Brüderle an der Generalversammlung der
Narrenzunft Wehr zum Oberzunftmeister ernannt
und von 2014 – 2020 stand er dieser als erster
Zunftrat vor und ist zudem seit 2019 Narrenvogt der
Vogtei Dreiländereck des Verbandes oberrheinischer
Narrenzünfte.Im Jahre 2016 zum 60jährigen Jubiläum
hat die Zunft dann den größten Nachumzug der
Wehrer Geschichte ausgerichtet. Über 130 Gruppen
aus dem In- und Ausland haben mit Ihrem Häs das
Wehrer Fasnachtsgeschehen bereichert. Im gleichen
Jahr hat man dann an die frühere Tradition erinnert
und wieder eine einmalige Bewirtung auf dem
Bärenfels veranstaltet an dem viele Wehrer
teilnahmen. Gleichzeitig haben in diesem Jahr viele
Bärenmitglieder einen großen Arbeitseinsatz
veranstaltet zur Erhalt Ihrer Hausburg dem
Bärenfels. Als Höhepunkt wurde feierlich vom
damaligen Vorstand Oliver Brüderle und
Bürgermeister Michael Thater ein Fahnenmast mit
der Badnerfahne eingeweiht.
Im Jahre 2016 übergab Oliver Brüderle das Zepter an
den neuen Vorstand Sabrina Burczyk, die dann ein
neues Zeitalter einläutete, denn von dort an sollte
die Führung hauptsächlich in Frauenhand liegen.
Unter Ihrer Leitung wurden zusammen mit Ihrer
zweiten Zunftmeisterin Carolin Maier unter anderem
ein neuer großer Fasnachtswagen gebaut und die
Mitgliederpflege weiter vorangetrieben. Im Jahr 2020
dann schied Sabrina aus und übergab den
Staffelstab an Carolin Maier. Sie ist ein Bärenmitglied
mit Herz und Seele und gleich kurz nach Ihrem
Amtsantritt machte dann die Corona-Pandemie
einen Strich durch die Rechnung vieler Planungen
und sowohl die Veranstaltungen unter dem Jahr
sowie auch die Fasnacht 2021 fiel dieser zum Opfer.
Aber der Vorstand zeigte auch in diesem Jahr seine
Kreativität und es wurden zahlreiche Online-
Veranstaltungen abgehalten die den Zusammenhalt
dieser tierisch starken Truppe nur noch mehr
stärkten. Wir können zuversichtlich in die Zukunft
schauen, denn der Zusammenhalt in diesem Verein
ist einfach nur bärenstark.
Chronik verfasst von Stefan Braun & Oliver Brüderle
Stand 06/2021
weitere Infos findet ihr unter
Bären-Zunftmeister(innen):
Josef Siebold bis 1966
Günter Kramer bis 1971
Hans-Peter Lüttner bis 1978
Hans-Peter Zimmermann bis 1988
(später 1. Zunftrat der NZW)
Hansjörg Leber bis 1992
Adalbert Leuter bis 2006
Oliver Brüderle bis 2016
(später 1. Zunftrat der NZW)
Sabrina Burczyk bis 2020
Carolin Maier seit 2020